Beschluss des 40. Landesjugendtreffens am 25.10.2025 in Erfurt.
Als linker Jugendverband ist es unser Ziel junge Menschen zu politisieren und organisieren. Wir müssen sie wütend auf die aktuellen Zustände machen, Hoffnung auf Veränderungen geben und darauffolgend in Handlung zu bringen. Die letzten Jahren haben wir gute Fortschritte in unserer Handlungsfähigkeit machen können und den Verband von einigen Basisgruppen auf viele in ganz Thüringen vergrößert. Momentan sind wir jedoch ein Auffangbecken für Menschen, die sich politisiert haben und nach Anschluss suchen. Darin liegt per se auch kein Problem. Aber es ist ein Problem, wenn wir nicht Auslöser dieser Politisierung sind. Das zeigt ein Defizit unserer politischen Handlungen und Mobilisierungsfähigkeit auf. Wir müssen mehr aus unseren Szenekreisen raus kommen und dort hingehen und agitieren, wo Leute nicht bewusst mit der Politik des Alltags konfrontiert sind. Ebenso fehlt uns eine gemeinsame politische Ausrichtung über die Verbandsgrundsätze und landespolitischen Ereignisse hinweg. Als Jugend in einer Zeit der Krisen wollen wir gemeinsam auf die Perspektivlosigkeit unserer Generation aufmerksam machen, junge Menschen dazu begeistern sich mit uns zu organisieren und so eine Basis aufbauen um zukünftig aus den Abwehrkämpfen heraus zu kommen. Dabei wollen wir uns sowohl auf die aktuelle Lebenssituation unserer Generation beziehen, aber auch der uns drohenden Zukunft den Kampf ansagen. So sollen unter dem Überthema „Perspektivlosigkeit unserer Generation“ Armut (Lebenserhaltungskosten, Ausbildungsgehalt), Krieg (Wehrpflicht, Militarisierung der Gesellschaft), Klimakatastrophe und Faschismus thematisiert werden und eine gemeinsame Ausrichtung bestimmen.
Unser Bericht der Basisgruppentour
Um einen Überblick über die Arbeit in den Basisgruppen zu bekommen wurde die Basisgruppentour 2025 durchgeführt und war ein guter Schritt zur Problemanalyse unserer Arbeit als Verband und damit ein Erfolg und sollte regelmäßig wiederholt werden. Die Basisgruppen sehen sich sowohl mit internen strukturellen Herausforderungen als auch mit externen Barrieren konfrontiert, die ihre Arbeit erschweren.
Ein zentrales Problem ist die strukturelle Abhängigkeit von einzelnen Mitgliedern: Die Konzentration der Moderations-, Protokoll- und Koordinationsaufgaben bei einzelnen Personen steht im Widerspruch zum angestrebten Ideal der rotierenden Verantwortung. Dies kann zu Überlastung führen und macht die Gruppen anfällig für Ausfälle, sowie Wegzüge mit denen das Zusammenbrechen von Strukturen einher geht.
Praktische Hürden entstehen auch durch Räume und Tools: Die Räumlichkeiten der Partei werden in einigen Gruppen als abschreckend für Außenstehende wahrgenommen. Zudem empfinden Mitglieder manche zentrale digitale Tools als unpraktisch oder schwer zugänglich.
Die Schaffung von FLINTA*-Strukturen wird aktiv angestrebt oder ist bereits etabliert. Mancherorts gibt es bereits ein monatliches FLINTA-Plenum, in anderen Regionen sind solche Strukturen geplant, wobei Kontaktpersonen Unterstützung anbieten.
Es wird der Wunsch nach How-To-Veranstaltungen geäußert, um praktische Fähigkeiten zu entwickeln, sowie die Einrichtung von Lesekreisen und regelmäßigen Diskussionsabenden. Die Gruppen wünschen sich vom Landesverband eine bessere Kommunikation über aktuelle Themen, mehr Basisgruppenvernetzung sowie landesweite Aktionstage und verstärkte Mobilisierung in ländliche Gebiete.
Die einzelnen Basisgruppen sind mit ihren Problemen nicht alleine. Besonders die Spannung zwischen den vielseitigen Wünschen und Bedürfnissen hinsichtlich Bildung, Aktion, Gemeinschaft, Anbindung an die Partei, Safe Spaces und vielem mehr ist nicht ganz einfach aufzulösen. Oft hilft es, darüber in den Austausch zu kommen und gemeinsam die richtigen Prioritäten zu setzen.
Zentrale Ansätze, die sich bewährt haben: Menschen gezielt einbinden, Selbstwirksamkeit erfahrbar machen und Verantwortungen auf mehreren Schultern verteilen, idealerweise in Teams. Die Vielfalt unserer Ansätze ist eine Stärke, die wir weiter fördern sollten – immer mit dem Blick darauf, voneinander zu lernen und gemeinsam zu wachsen. Bei zukünftigen Neugründungen sowie schwächelnden Basisgruppen ist es gut, wenn der LSPR oder andere erfahrene Mitglieder von woanders den Aufbau unterstützen und ansprechbar sind.
Bildungsarbeit
Um die innerverbandliche politische und praktische Bildung anzugleichen und die Organisation von Veranstaltungen zu erleichtern und weniger abhängig von externen Personen zu machen, soll ein Konzept erarbeitet werden, welches fertige Vorträge und Workshops an die Hand gibt und Personen schult diese durchzuführen. Dadurch können wir mit einem gemeinsamen Programm besser nach außen wirken, der Arbeitsaufwand wird reduziert und unsere gemeinsame politische Grundlage basiert auf mehr als das Bildungswochenende, die Landesjugendtreffs, Bildungsveranstaltungen der Bundesebene und unsere Theorie-Reader.
Öffentlichkeitsarbeit
In unserer Öffentlichkeitsarbeit verlassen wir uns sehr auf den digitalen Raum und sind dort auch in Thüringen sehr stark. Um jedoch nicht-politisierte Leute zu erreichen werden wir vermehrt auch auf Arbeit in der echten Welt setzen, etwa durch Infostände, Plakate und Poster, die zu unseren Veranstaltungen einladen und der verstärkten Suche nach Pressegesprächen von dazu legitimierten Personen.
Hilfsstrukturen & organisierende Arbeit
Praktische Solidarität war schon immer ein fester Bestandteil linker Bewegungen. Auf unserem letzten Landesjugendtreffen haben wir beschlossen, ein Konzept zu entwickeln, mit dem wir konkrete Angebote in die Fläche verbreiten können. Mit Hilfsstrukturen wie Beratungsangeboten, Hausaufgabenhilfe oder einer Küche für alle zeigen wir, dass Solidarität nicht nur ein nettes Ideal ist, sondern unsere gelebte Praxis. Wir wollen damit eine solidarische Gesellschaft vorwegnehmen und deutlich machen: Es geht uns nicht um Wohltätigkeit, sondern um Hilfe zur Selbsthilfe und Emanzipation auf Augenhöhe.
Unsere Angebote richten sich dabei an junge Menschen, die im Alltag Probleme haben – sei es in Schule, Ausbildung, Studium oder Arbeit, im Umgang mit Behörden oder auch im familiären Umfeld. Wir wollen Strukturen aufbauen, die wirklich gebraucht werden, und uns nicht auf eine linke Szene beschränken.
Klassenpolitik beginnt vor der eigenen Haustür: Nur wenn wir dort präsent sind, wo die Menschen tatsächlich leben und ihre Probleme spüren, können wir Vertrauen aufbauen und uns dauerhaft verankern.
Der politische Nutzen solcher Strukturen liegt auf der Hand: Wir beweisen, dass wir nicht nur reden, sondern handeln. Das verschafft uns Glaubwürdigkeit und kann neue Sympathisant:innen wie auch aktive Mitstreiter:innen gewinnen. Gleichzeitig können wir aus den Erfahrungen in Beratung, Nachhilfe oder Küfa sichtbar machen, dass die Probleme nicht individuell sind, sondern aus systemischen Ungerechtigkeiten entstehen. So werden alltägliche Schwierigkeiten – ob zu wenig Geld, schlechte Lernbedingungen oder bürokratische Hürden – zu Ausgangspunkten für gemeinsames Handeln und politisches Bewusstsein.
Konkret wollen wir Beratungsangebote schaffen, die niedrigschwellig helfen, etwa bei Bafög-Fragen, Wohngeld, Hausaufgaben oder Rechten in Ausbildung und Beruf. Dafür brauchen wir Basisgruppen mit der Bereitschaft, sich einzuarbeiten, Themen zu identifizieren und regelmäßige Angebote zu organisieren. Konkrete Bedürfnisse vor Ort können beispielsweise durch regelmäßige Infostände vor (Berufs-)Schulen, Unis oder durch Haustürgespräche in Azubi- oder Studiwohnheimen ermittelt werden. Öffentlichkeitsarbeit durch Flyer, Social Media oder Plakate ist anschließend zentral, um die Angebote bekannt zu machen.
Hausaufgabenhilfe ist dabei eine besonders niedrigschwellige und einfache Möglichkeit, Solidarität praktisch werden zu lassen. Der Landessprecher:innenrat stellt dazu Vorlagen für Flyer und Pressemitteilungen bereit, die auf Wunsch der Basisgruppen erstellt werden können.
Eine „Küche für alle“ schließlich bietet die Chance, Menschen mit günstigem, gesundem und veganem Essen zusammenzubringen. Regelmäßige Termine, ein passender Ort mit viel Publikumsverkehr und einfache, leckere Gerichte machen das Angebot niedrigschwellig. Auch hier ist strategische Bewerbung entscheidend – wir wollen mit Küfas nicht unbedingt andere Linke erreichen, sondern uns in der breiten Gesellschaft verankern.
Hilfsstrukturen sind also keine Nebensache, sondern ein wichtiger Teil unserer Strategie: Sie verankern uns im Alltag, schaffen Vertrauen, stärken langfristig das Klassenbewusstsein und eröffnen Räume, in denen Menschen ihre Erfahrungen teilen und gemeinsam handeln können. Sie sind ein Schritt, um den abstrakten Gedanken von Solidarität greifbar zu machen und eine organisierte, widerständige Klasse aufzubauen.
Immer gemeinsam, aber mit wem? – Kriterien für unsere politische Bündnisarbeit
Für unsere politische Praxis ist Bündnisarbeit in den verschiedensten Bereichen von Aktionen gegen Nazis bis zu lokalpolitischen Problemen ein wichtiger Faktor. Vielerorts sind breite Bündnisse, an denen unsere Genoss:innen auch beteiligt sind, die einzige Art und Weise sich gegen die rechts-konservativen Verhältnisse zur Wehr zu setzen, angesichts der allgemeinen Schwäche der politischen Linken. Aber was ist unser Anspruch für solche Kooperationen?
Auch wenn Bündnisse ein temporärer, thematisch bezogener Zusammenschluss sind, bei dem beteiligte Organisationen Kompromisse eingehen müssen, arbeiten wir nicht mit Organisationen zusammen, welche fundamental gegen unsere Grundsätze verstoßen. Darunter verstehen wir einen demokratischen, antifaschistischen und emanzipatorischen Grundkonsens, der sowohl in der Haltung als auch im Aufbau unserer Bündnispartnerinnen erkennbar sein muss. Unsere Rolle in den verschiedensten Bündnissen muss immer einen eindeutigen Nutzen im Sinne unserer Verbandsgrundsätze des Antifaschismus, Sozialismus, Feminismus und der Basisdemokratie haben. Unser Auftreten und unsere Grundhaltungen dürfen hierbei nicht in einer Masse untergehen, sondern wir müssen als sichtbarer und eigenständiger Akteur mit eigenen Positionen innerhalb der Bündnisstrukturen wahrgenommen werden.
Wir verstehen Bündnisarbeit als solidarische Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit anderen Gruppen, Initiativen und Verbänden. Kooperationen mit einzelnen Organisationen, die verlangen dass wir uns den von ihnen geführten Bündnissen und Veranstaltungen anschließen ist keine Arbeit auf Augenhöhe, die wir uns von unseren Partner:innen wünschen. Wir suchen Bündnispartnerinnen, welche produktiv mit uns zusammen an der Verfolgung eines zuvor definierten Ziels arbeiten. Eine Zusammenarbeit kann nur dann gelingen, wenn sie auf gegenseitigem Respekt basiert und das gemeinsame Projekt im Vordergrund steht.
Sind diese Bedingungen erfüllt, können wir vertrauensvoll und wirkungsvoll zusammenarbeiten, um solidarische Bündnisse aufzubauen und gemeinsam politische Veränderungen zu erreichen.
Abschluss
Wir haben uns viel vorgenommen und auch wenn wir nicht alles schaffen, können wir stolz auf uns sein, dass wir als Landesverband in der aktuellen Situation stehen. Damit es noch besser wird fühlen wir uns weiterhin an unseren Beschluss „Der Jugendverband – Das sind wir alle!“ gebunden, der aussagt, dass sich alle dazu eingeladen fühlen sollen, sich zu beteiligen und die Arbeit auf viele Schultern zu beteiligen. Nur so können wir schlagkräftig für eine bessere Welt eintreten.