Jugendswahlprogramm zur Landtagswahl 2021

Beschluss des 32. Landesjugendtreffens im Mai 2021 online

Einleitung
Wenn du gerade Jugendliche:r bist, dann bist du in eine Welt voller Krisen geboren. Aus den Nachrichten kennst du bedrohende Wirtschaftskrisen, Pandemien, Nationen die Grenzen statt Menschen schützen. Du kennst eine EU die unsolidarischer den je agiert und mit Merkel hast du bisher nie eine andere Kanzlerin erlebt. Den Rechtsruck kennst du nicht nur aus Parlamenten, sondern leider auch aus deinem Bekanntenkreis und die drohende Klimakrise führt zu Diskussionen am Küchentisch. Das alles scheint normal, doch wir von der linkjugend [`solid] Thüringen wissen – eine andere Welt, eine bessere Welt ist möglich.
Weil auch andere daran glauben, organisiert sich auf den Straßen immer mehr Protest – und dieser ist dringend notwendig. Umweltbewegungen, Antifaschist:innen, Feminist:innen machen deutlich – die Profiteure dieser Welt müssen Verantwortung tragen und wenn sie es nicht tun – werden wir sie durch unser Engagement dazu zwingen.

Wir wissen, in dieser Welt ist nichts voneinander getrennt. Unser Handeln in Thüringen hat einen Einfluss auf Arbeitsbedingungen im Ausland und auf das Klima weltweit. Thüringen entscheidet mit, ob Menschen an Grenzen geschützt werden können oder ob Rohstoffen zu unseren Gunsten geraubt werden, oder nicht. Und wir entscheiden wie es den Menschen vor Ort geht – wie die Bildung der Zukunft aussieht, ob sich jede:r schnelles Internet leisten kann, ob Kinderbetreuung für alle möglich ist und ob wir auch auf dem Land Zugang zu allen wichtigen Strukturen haben.

Wir setzen uns deshalb für ein solidarisches und nachhaltiges Thüringen ein.

Damit du ein gutes Leben haben kannst setzten wir uns für mehr soziale Sicherung und weniger Arbeit ein. Die Zeit des Schuftens und der wenigen Freizeit muss zu Ende sein. Wir fordern weniger Arbeitszeit, ein Einkommen, dass nicht nur reicht, sondernglücklich macht und ein zu Hause, dass sich jede:r leisten kann.
Wir fordern Sicherheit – für Menschen in Ausbildung, für Menschen auf der Flucht, Für junge Eltern, für Aktivist:innen, für Streikende, für Frauen und Queers, Kulturarbeitende und alle Menschen die ein besseres Leben fordern. Wir wissen – wir müssen zusammenhalten, denn unsere Probleme gehen uns alle an. Die Klimakrise ist eine Gerechtigkeitskrise. Arbeiter:innen, Studierende, werdende Eltern, Geflüchtete, wir alle sind davon betroffen.
Rechte Kräfte wollen einen Keil zwischen die Menschen schieben, die am meisten von Ausbeutung betroffen sind, die Angst vor der Zukunft haben. Unsere Antwort heißt deshalb bedingungslose Solidarität und Aktivismus für ein besseres Leben. Wir lassen uns nicht spalten.

Das alles können wir nur gemeinsam schaffen. Die Zeit zur politischen Organisierung ist jetzt und endet für uns nicht zum Wahltermin. Werde auch du Teil unseres Teams, für eine andere, bessere Welt.

Antifa
Antifa ist kein Verbrechen!
Antifaschistische Strukturen erledigen wichtige Recherche und Ermittlungsarbeit, welche die Sicherheitsbehörden seit Jahren verschläft. Doch es gibt keinen Dank oder Applaus dafür. Ob G20, Lina, kurdische Organisationen oder die ständige Kriminalisierung auf Demos – die Schickane nimmt kein Ende. Wir fordern die Entkriminalisierung von Antifaschist:innen und entsprechender Initiativen. Antifaschistische Arbeit muss endlich gewürdigt werden, dafür braucht es gesellschaftliche Unterstützung und Achtung.

Antifaschismus schützt Menschenleben!
Das mutige Eintreten für antifaschistische Grundwerte ist Aufgabe der ganzen Gesellschaft und sollte auch durch diese getragen werden. Wir fordern eine Antifaschismus-Klausel in der Thüringer Verfassung und die Abschaffung des Paragraph 129.

Mit Rechten wird nicht geredet!
In Talk Shows, Sommerinterviews, Podien und Bündnissen werden Vetreter:innen der AfD eingeladen und somit in ein bürgerliches Gewandt gekleidet. Die Normalisierung von Faschist:innen und Raisst:innen ist ein Schlag ins Gesicht aller Betroffenen von rechter und antisemitischer Gewalt.Es wird keine positive Veränderung geben, wenn man nur genug mit den Feinden der Freiheit redet. Wir fordern eine klare Abgrenzung von der AfD und sprechen uns gegen jede Zusammenarbeit mit dieser Partei und ihrem Umfeld aus. Wir setzen uns aktiv dafür ein, dass diesen Ideologien nicht unkritisch eine Bühne geboten wird.

Antifaschismus in die Lehrpläne!
Antifaschistische Bildung braucht Raum in Thüringer Lehrplänen, die Auseinandersetzung mit den Verbrechen der Deutschen im Nationalsozialismus braucht eine bessere Aufarbeitung. An Schulen sollen Projekte zur Demokratieförderung und gegen Menschenfeindlichkeit stattfinden (z.B. im Rahmen von Gedenkstättenbesuchen, Zeitzeug:innengesprächen etc.). Einzug sollen auch Biographien von Widerstandskämpfer:innen erhalten.

Keine Kohle für Faschisten!
Wir fordern ein Ende der staatlichen Finanzierung von rechten und islamistischen Strukturen und Projekten und den Ausbau von Sensibilisierungssprogrammen.

Antira
Justice for all!
Regelmäßig gibt es Berichte über übergriffiges und unverhältnismäßiges Vorgehen der Polizei und anderen Sicherheitsbehörden. Rechte Chatgruppen werden aufgedeckt und unglaubwürdige Erklärungen von zu Tode gekommene Inhaftierten häufen sich. Deshalb fordern wir als ersten Schritt eine umfangreiche Studie zu Rassismus, Antisemitismus und Demokratiefeindlichkeit in der Thüringer Polizei, um Fehlverhalten aufzudecken und gezielte Veränderungen vorantreiben zu können.

Decolonize!
Leider gibt es immer noch Straßen und Plätze, welche nach Kolonialherren benannt sind, veraltete Schulbücher und unkritische Reproduktionen von rassistischen und antisemitischen Stereotypen im Alltag. Wir wollen eine Dekolonialisierung auf allen Ebenen, um dies nachhaltig umzusetzen bedarf es einer differenzierten Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. In den Lehrplänen soll die kritische Beschäftigung mit rassistischen, antisemitischen und misogynen Verbrechen Deutschlands und jene mit deutscher Beteiligung verankert werden.

Never again!
Die Schreie nach einem Schlussstrich sind tönend und laut, dem können wir nicht zustimmen. Nur wer aus der Vergangenheit lernt, kann die Zukunft zum Guten verändern. Wir wollen antirassistische und Antisemitismuskritische Bildungsprojekte stärken, um einen wirksamen Grundstein für eine bessere Welt zu legen.

Kein Mensch ist illegal!

Thüringen sollte sicherer Hafen für Menschen in Not sein, niemand sollte Angst davor haben müssen mitten in der Nacht abgeschoben werden oder jahrelang in denElendslagern der EU-Außengrenzen festsitzen. Wir fordern, dass das Landesaufnahmeprogramm endlich durchgesetzt wird, um Menschen aus den Flüchtlingslagern in Griechenland, Bosnien und Co. zu evakuieren. Darüber hinaus wollen wir das Ende aller Abschiebungen.
Dezentrale Unterbringung jetzt!
Anders als in Großstädten wie Berlin, Frankfurt und München gibt es in Thüringen viel Leerstand. Dadurch haben wir die Möglichkeit zur dezentralen Unterbringung von Geflüchteten (und selbstverständlich auch von Obdachlosen) sicherzustellen. Die Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen muss sich grundlegend verbessern. Geflüchtete sollten schneller Zugang zu Wohnungen, Deutschkursen und Schulen erhalten.

Arbeit / Soziale Sicherung
20 Stunden Maximum – für den Boss keinen Finger krumm:
Arbeit und berufliche Entwicklung nimmt einen Großteil des alltäglichen Lebens ein. Dabei bleiben Familie, Freunde und die persönliche Freizeitgestaltung auf der Strecke. Gleichzeitig sind die Löhne oftmals so niedrig, dass eine Reduzierung der Arbeitszeit die Lebensqualität erheblich einschrenken würde. Daher fordern wir eine Arbeitszeitverkürzung auf 20h bei vollem Lohnausgleich.
Hartz IV ist Armut per Gesetz:
Der aktuelle Regelsatz lässt eine qualitative Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nicht zu. Das tägliche Abwägen von „was kann ich mir leisten, und auf was muss ich verzichten“ baut neben der Erwerbslosigkeit zusätzlichen Druck auf die Menschen auf und führt zu psysichen Erkrankungen. Daher fordern wir eine sofortige Anhebung der Regelsätze und die Abschaffung von Hartz IV. Über die Machbarkeit eines bedingungslosen Grundeinkommens muss ausführlich diskutiert werden.

Wir sehen das bedingungslose Grundeinkommen lediglich als kapitalistische Lösung
eines Systemproblems. Eine gerechte und angemessene Versorgung von allen kann nur
durch die Überwindung des Kapitalismus erreicht werden.
Ein Land mit gleichen Einkommensniveau:
Das Lohn- und Rentenniveau zwischen den alten- und neuen Bundeländern ist selbst 32 Jahre nach der Wiedervereinigung spürbar. Daher fordern wir die Angleichung des Lohn- und Rentenniveaus von Ost- und Westdeutschland. Gleichermaßen soll sich das Land Thüringen im Bundesrat für die Anerkennung von Lebensleistungen in der Rente auch für westdeutsche Frauen, welche in der BRD oftmals nicht arbeiten durften, stark machen.
Azubis sind keine billigen Arbeitskräfte:
In vielen Betrieben übernehmen Auszubildende die Arbeitsleistung vonFacharbeiter:innen und gelten somit als günstige Arbeitskraft. Dennoch tragen auch Azubis durch ihr Wirken im Betrieb zur Produktivität und dem wirtschaftlichen Fortbestand bei. Diese Leistung muss mit einer angemessenen Ausbildungsvergütung honoriert werden, welche die Gründung eines eigenständigen Lebens ermöglicht.
Kinderbetreuung als Staatsaufgabe in den Fokus:

Auch in Thüringen müssen Eltern und Kinder teilweise Jahre auf einen Kindergartenplatz warten. Das bedeutet Verdienstausfall und somit schlechtere Lebensqualität für die ganze Familie. Daher fordern wir den Ausbau der Kinderbetreuung, sowohl quantitativ als auch qualitativ. Grundsätzlich müssen Kindergärten und Schulhorte als Bildungseinrichtungen verstanden werden und kostenfrei sein.

Bildung
(Aus)Bildung darf keine Kostenfrage sein!
Noch zu häufig hängt die Bildungsmöglichkeiten vom eigenen Geldbeutel oder den der Eltern ab. Wir fordern die Abschaffung des Eigenanteils bei Finanzierungen in der Ausbildungslandschaft (kein Schulgeld für Ausbildungen). Anstatt es mit Landzeitstudiengebühren Studierenden schwerer zu machen ihr Studium abzuschließen, gehört dieser letzte Rest der Studiengebühren abgeschafft wie in den meisten anderen Bundesländern auch. BAföG ist für alle da. Es braucht eine zentrale Möglichkeit BAföG zu beantragen, ob für die Schule, Ausbildung oder das Studium. Die BAföG-Höhe sollte mind. bei 1050 € im Monat liegen – elternunabhängi und rückzahlungsfrei.
Schule ist mehr als nur Unterricht
Wir fordern die Stärkung und den Ausbau der schulbezogenen Jugendsozialarbeit.
Anstatt Lehrende allein zu lassen, wollen wir eine Zusammenarbeit von ihnen und Sozialarbeitenden in der Schule. Aber auch außerhalb des Unterrichts braucht es die Schaffung und Förderung von Projekten zum Beispiel gegen Mobbing, Ausgrenzung und Rassismus oder auch Gesundheitskurse an Schulen.
Hausaufgaben und Noten abschaffen!
Wir fordern ein Bildungssystem, welches an die Stelle des Leistungsdruckprinzips eine Leistungs- und Kompetenzförderung setzt und durch ganztägige, umfassend individuelle Förderung, um Zwang nutzbare Maßnahmen wie Pflichthausaufgaben oder gar die willkürliche Maßgabe Leistungen an Zahlen festzumachen obsolet zu machen.

Eine Demokratie braucht auch demokratische und sekulare (Hoch-)Schulen

Demokratie muss gelernt und erfahren werden! Wir fordern eine tatsächliche Demokratische Mitbestimmung, sei es bei Lehrplänen, durch Schüler*innenvertretungen oder in Selbstorganisation. Kirchen und andere Institutionen vonReligionsgemeinschaften haben in der Schule nichts verloren. Das Land Thüringen soll
sich im Bundesrat für eine Änderung des Grundgesetzes (Art. 7 Abs. 3 GG) zur Abschaffung des ordentlichen konfessionsbezogenen Religionsunterrichtes einsetzen.
Ethik soll als Pflichtfach eingeführt werden und der Religionsunterricht als Wahlpflichtfach abschafft werden. Wie schon bereits in der letzten Novelle des Thüringer Hochschulgesetz wollen wir auch in Zukunft die Parität und demokratischen Rechte für Studierende und Beschäftigte ausbauen.
Religionsgemeinschaften haben in der Schule nichts verloren. Der Religionsunterricht soll an staatlichen
Schulen als Wahlpflichtfach abgesetzt und durch einen verpflichtenden Philosophie-Unterricht, bei
dem die Beschäftigung mit Religions- und Ideologiekritik einen Schwerpunkt bildet,
ersetzt werden. Der Besuch eines spezifischen Religionsunterichtes sollte darüber
hinaus für alle Konfessionen als Wahlfach an staatlichen Schulen nach dem regulären
Untericht zusätzlich möglich sein. Wie bereits in der letzten Novelle des
Thüringer Hochschulgesetz wollen wir auch in Zukunft die Parität und demokratischen Rechte für Studierende und Beschäftigte ausbauen. Schulen und Universitäten sollen säkulare Freiräume sein, in denen jegliche religiöse Symbolik jenseits der Beschäftigung im Auftrag der Wissensvermittlung nichts verloren hat. Wir fordern ferner ein Neutralitätsgesetz,
nach Vorbild Berlins. Wie schon bereits in der letzten Novelle des Thüringer Hochschulgesetz wollen wir auch in Zukunft die Parität und demokratischen Rechte für Studierende und Beschäftigte ausbauen.
Bildung jenseits von Abschlüssen
Bildung darf nicht mit dem Abschluss aufhören und nicht von ihnen Abhängen. Wir fordern Weiterbildungsmöglichkeiten für alle – völlig egal über welchen Abschluss oder welche Vorkenntnisse eine Person verfügt.

Demokratie
Demokratie bedeutet für uns viel mehr, als nur alle paar Jahre ein Kreuz auf einen Zettel zu setzen. Unser Ziel ist es, demokratische Rechte und Mitbestimmung aller Menschen weiter auszubauen, unabhängig ihres Alters, ihrer Herkunft oder ihres sozialen Standes. Die radikale Demokratisierung jeglicher Bereiche der Gesellschaft ist Teil unseres Verständnisses eines modernen Sozialismus. Deshalb fordern wir:
Demokratie für alle! – Eine progressive Wahlrechtsreform
Alle Menschen, die von politischen Entscheidungen betroffen sind, sollten dabeimitentscheiden dürfen. Daher stehen wir für eine Absenkung des Wahlalters auf 0 Jahre (bei Registrierungspflicht von allen U16) und eine Ausweitung des Wahlrechts auf alle Bewohner:innen des jeweiligen Wahlgebietes unabhängig der Staatsbürger:innenschaft. Diese Forderungen erheben wir für alle Wahlen auf Kommunal- und Landesebene. Denn wahre Demokratie kann nur durch die Beteiligung aller Einwohner:innen erreicht werden!
Protest ist gelebte Demokratie – zivilen Ungehorsam entkriminalisieren!
Demokratie findet nicht nur in den Wahllokalen, Parlamenten oder Ministerien statt, sondern auch und entscheidend auf der Straße. Die Kriminalisierung von friedlichen Protestformen wie bspw. Sitzblockaden muss deshalb aufhören, denn Demokratie lebt von Streit und Protest jeglicher friedlichen Form.
Das Streikrecht ist für alle da! – ein universelles und politisches Streikrecht
Der Streik ist ein effektives Mittel, den eigenen Anliegen Gehör zu verschaffen.
Deshalb fordern wir ein unbeschränktes Streikrecht für Personengruppen, die bislang davon ausgeschlossen werden, wie bspw. Schüler:innen und Studierende. Auch müssen Streiks mit rein politischen Begründungen legalisiert werden.
Kinder an die Macht! – die verpflichtende Einrichtung von Kinder- & Jugendgremien mit Vetorecht und Zugang zu allen Ausschüssen
Stadt- und Gemeinderäte sowie Kreistage sind überaltert und haben daher oft nur wenig Bezug zur Lebensrealität junger Menschen, für die sie ja auch Politik machen (sollen). Dieser Umstand bedeutet häufig das Fehlen von wirksamen Mitbestimmungsmöglichkeiten für Kinder- und Jugendliche und stellt somit einen permanenten Bruch der UN-Kinderrechtskonvention dar. Deshalb müssen Kommunen und Landkreis dazu verpflichtet werden, Kinder- und Jugendgremien zu gründen, welche nicht nur als Feigenblatt die politische Beteiligung vortäuschen, sondern tatsächlich Einfluss auf politische Entscheidungen haben. Ein Vetorecht gegen alle Kinder und Jugendliche betreffenden Entscheidungen und uneingeschränkter Zugang zu allen Ausschüssen des jeweiligen kommunalen Parlaments wäre dafür essenzielle Kompetenzen.
Bereits im Gründungsprozess dieser Gremien müssen Kinder und Jugendliche konsequent beteiligt werden, um ihre Perspektive aus erster Hand zu berücksichtigen. Die tatsächliche Ausgestaltung muss unbedingt entlang der Lebensrealität und Bedürfnisse der jungen Generation gestaltet werden.
Der gläserne Staat – eine Transparenzpflicht für alle Behörden und Vereinfachung der Bürger:innenbeteiligung auf allen Ebenen
Behörden stehen im Dienste der Bewohner:innen und nicht umgekehrt. Daher müssen sie zur absoluten Transparenz verpflichtet werden. Ihre Arbeit muss durch alle Einwohner:innen niedrigschwellig und kostenfrei überwachbar, Informationen, die nicht unter das Persönlichkeitsrechr fallen, problemlos einsehbar sein. Um die Behörden zudemokratisieren und die Einwohner:innen wirksam zu beteiligen, muss die Bürger:innenbeteiligung auf allen politischen Ebenen so verpflichtend ausgebaut werden, dass sie niedrigschwellig möglich ist.

Digitalisierung
Public Money? Public Code!
Wir fordern die Langfristige finanzielle Unterstützung von Freier Software! Oftmals scheitert der Versuch datenschutzfreundliche Umsetzung der digitalen Infrastruktur an der mangelnden Finanzierung der freien Alternativen. Wir brauchen eine langfristige Unterstützung von freier Software in Thüringen. Öffentliche Aufträge sollten möglichst immer auf freier Software basieren. Die Verwaltung darf nicht in Abhängigkeit der Konzerne fallen. Die Kompetenz muss vor Ort ausgebaut werden, anstatt sie teuer anzumieten. Langfristig wird dies nicht nur die datenschutzfreundlichere Software, sondern auch die finanziell günstigere Alternative sein, mit der Möglichkeit lokale Unternehmen anstatt der üblichen Großunternehmen zu unterstützen.
Öffentlicher Ausbau der Internetinfrastruktur:
Der Privatwirtschaftliche Internetausbau ist gescheitert. Auf dem Land können wir uns derzeit glücklich schätzen, überhaupt Empfang oder gar eine DSL-Anbindung zu haben, aber auch in der Stadt liegen die Preise über und der Service unter dem internationalen Vergleich. Dabei ist Zugang zum Internet zentral für das Leben im 21. Jahrhundert. Wir brauchen öffentliche Träger für den Internetausbau und -betrieb, anstatt weiter Milliarden in Telekom und Co. anzustecken und die Kommunen mit dem Ausbau allein zu lassen. In diesem Zusammenhang fordern wir die Überführung der
bestehenden Netzinfrastruktur in öffentliche und kommunale Hand. Im Zweifel mithilfe von Enteignung und Vergesellschaftung.
Dezentralisierung der Internetstruktur:
Die Server sind die Produktionsmittel des Informationszeitalters. Die großen Server- und Cloud-Anbieter (wie Amazon, Google und Microsoft) haben defacto eine dermaßen große Marktmacht aufgebaut, dass selbst wenn ein Service nicht von ihnen angeboten wird, er doch meist auf ihrer Infrastruktur läuft. Die damit einhergehende Macht nutzen sie konsequent aus und muss gebrochen werden.
Keine Hintertüren:
Die Hard- und Software müssen sicher bleiben! Wenn ein Geheimdienst über Sicherheitslücken auf Daten zugreifen kann, können es schnell auch andere. Anstatt den Heuhaufen auf der Suche nach der Nadel immer größer zu machen, braucht es gut finanzierte Stellen zur Schließung und nicht zur Förderung von Sicherheitslücken.
Keine Hintertüren für den Verfassungsschutz und Co!

Digitalisierung auch sozial denken:
Die Digitalisierung mach die ohnehin gravierenden Chancenungleichheiten umso größer. Die Schulen müssen schnellstmöglich digitalisiert werden und die Lehrenden für die pädagogischen Möglichkeiten fortgebildet werden. Schüler:innen muss Geld für digitale Endgeräte gewährleistet werden.

Feminismus
Noch immer werden Frauen in unserer Gesellschaft strukturell benachteiligt. Dies äußert sich nicht nur finanziell in ungleicher Bezahlung oder der Unterrepräsentation auf Vorstandsebenen. Nach wie vor werden auch Leistungen in der Kindererziehung und Haushaltsorganisation nicht anerkannt und entsprechend entlohnt geschweige denn bei der Rentenberechnung berücksichtigt. Patriarchale Verhältnisse sind allgegenwärtig.
Sei es sexualisierte oder körperliche Gewalt, Catcalling, die Bevorzugung männlicher Bewerber, die Objektifizierung und Sexualisierung in den Medien, frauenfeindliche Sprüche oder Mansplaining. All das gehört leider immer noch zum Alltag jeder Frau.
Daher fordern wir:
Kostenfreier Zugang zu Menstruationsprodukten und Verhütungsmitteln:
Zu Menstruieren ist weder Luxus noch eine bewusste Entscheidung. Dennoch müssen Frauen die hohen Kosten notwendiger Hygieneprodukte selbst tragen. Dies empfinden wir als ungerecht. Gesundheit und Hygiene dürfen nicht vom Geldbeutel abhängig sein. Auch der Schutz vor sexuell-übertragbaren Krankheiten und ungewollter Schwangerschaft muss unabhängig des Einkommens für alle Menschen möglich sein. Daher sehen wir den Zugang zu Hygieneprodukten, sowie Verhütungsmitteln als öffentliche Daseinsvorsorge und somit staatliche Aufgabe. Menstruationsprodukte und Verhütungsmittel sollen deshalb kostenfrei vom Freistaat zur Verfügung gestellt werden.
Sexismus bekämpfen:
Bereits in der Schule, aber auch außerhalb sollten Programme angeboten werden, in denen sexistische Vorurteile und Verhaltensweisen pädagogisch aufgearbeitet und reflektiert, sowie Stereotype überwunden werden. Hierbei soll auch das Wahrnehmen von Grenzen und Einvernehmlichkeit vermittelt werden. Unser Ziel muss es sein, sexistisches Verhalten, egal ob frauenfeindliche Sprüche oder Übergriffigkeiten, zu ächten und Machtstrukturen aufzubrechen.
Repräsentation:
Obwohl Frauen ca. 50% der Gesamtgesellschaft ausmachen, ist die Welt durch die Gesellschaft männlich geprägt. Entscheidungsebenen in Betrieben, Parlamente, Parteien, überall sind Männer überrepräsentiert. Demnach finden ihre Lebensrealitäten und Interessen mehr Berücksichtigung, als die von Frauen. Um dem entgegenzuwirken, bedarf es ein in der Verfassung verankertes Paritätsgesetz, welches den gesellschaftlichen Verhältnissen gerecht wird.
Konsequent gegen Gewalt an Frauen:
Diese Gewalt muss zuallererst als solche erkannt und benannt werden. Morde an Frauen dürfen nicht mehr als Beziehungs-Dramaverharmlost werden. Femizide müssen endlich als solche bezeichnet und statistisch erfasst werden. Es bedarf mehr Beratungsstellen und spezialisierte TherapeutInnen, welche den betroffenen Frauen beistehen. Dazu gehört auch die finanzielle Ausgestaltung der Anlaufstellen, sowie die Verfügbarkeit von Frauenschutzräumen, welche im notwendigen Umfang eingerichtet und mit ausreichend Personal besetzt werden müssen. Zusätzlich sind Anlaufstellen für Männer, welche Gewalt erlebt haben, wichtig und benötigen ein Sprachrohr gegen die Tabuisierung in der Gesellschaft.
Freier problematisieren – Prostituierte entkriminalisieren:
Der übergroße Teil der Menschen in der Prostitution sind Frauen. Gleichzeitig sind es fast nur Männer, die diese sexuellen Leistungen in Anspruch nehmen. Kurz gesagt:

Männer kaufen Frauen für Sex. Wie patriarchal das System Prostitution ist, lässt sich an diesen Machtverhältnissen leicht ablesen. Wir möchten eine Gesellschaft erreichen, in der sexueller Umgang, beidseitige Lust bedeutet und in der sich Männer Konsens nicht erkaufen können. Denn am Ende bestimmt immer der Freier, wofür er zahlt. Dies ist das Gegenteil von sexueller Selbstbestimmung der Frau, die wir uns wünschen und deshalb zu kritisieren. Freier, welche sich den Zugang zu einem Körper erkaufen und dabei oftmals die prekären Lebenssituationen der Prostituierten ausnutzen, sind zu problematisieren und nicht weiter zu normalisieren. Prostituierte hingegen sollten keine Repressionen mehr erfahren und vollends entkriminalisiert werden. Darüber hinaus bedarf es Beratungsstellen für Prostituierte, die über Gesetze aufklären, bei Ausstiegswünschen unterstützen und Trauma sensibel begleiten.

Freiräume und Kultur
Kultur für alle:
Wir wollen einen kostenlosen Zugang zu Bildungs- und Kultureinrichtungen (Museen, Theater, etc.) für alle – vor allem für Auszubildende, sowie für Studierende und Schüler:innen. Wir wollen, dass Kultur von allen mitgestaltet werden kann, um eine umfassende Bildung zu ermöglichen. Dazu gehören Theaterkurse, Musikschulen, Kunstvereine, Sportvereine und weitere Angebote. Diese Bereiche müssen finanziell besser ausgestattet werden, um so die Hürden durch hohe Teilnahmebeiträge herabzusenken.
Kultur ist systemrelevant:
Wir fordern die nachhaltige und unbürokratische Absicherung von Künstler:innen und Kulturschaffenden, z.B. durch einen Fond!
Kultur braucht Räume:
Wir wollen den Ausbau von alternativen und selbstverwalteten Jugendzentren fördern (vor allem im ländlichen Raum), um so die Möglichkeit eines Rückzugsortes und Platzes für freie Entfaltung aller zu schaffen. Auch Hausprojekte sollen geschützt und unterstützt werden, als wichtiger Baustein der politischen Kultur.
Kultureller Austausch soll vorangetrieben werden:

Dies kann zum Beispiel durch Delegationsreisen in Partner:innenstädte geschehen, deren Finanzierung durch das Land sichergestellt wird.
Kultur bedeutet Vielfalt:
Wir wollen, dass eine vielfältige Kulturlandschaft gefördert wird. Dazu gehören neben Theatern und Museen zum Beispiel auch Clubs und kleine Programmkinos.

Gesundheit / Drogen
Gesundheit ist ein unverhandelbares Menschenrecht und eignet sich daher nicht als Ware, mit der Konzerne Gewinne erwirtschaften und spekulieren dürfen! Daher setzen wir uns für eine Re-Vergesellschaftung großer Teil des Gesundheitssystems, deutlich verbesserte Bedingungen für Pflegeberufe und ein Ende der Zwei-Klassen-Medizin ein.
Eine wirksame und moderne Gesundheitspolitik bedeutet für uns nicht nur die Ermöglichung eines gesunden Lebens und bestmöglicher Behandlung für alle Menschen, sondern auch ein entstigmatisierender Umgang mit psychischen Erkrankungen und eine Drogenpolitik, die endlich im 21. Jahrhundert ankommt.
Gesundheit ist keine Ware – Zwei-Klassen-Medizin abschaffen!
Wir wollen ein Ende der Zwei-Klassen-Medizin und somit auch der gewinnorientierten Gesundheitspolitik. Das bedeutet: Das private Kassensystem muss abgeschafft werden, alle Einwohner:innen müssen bei staatlichen Krankenkassen versichert sein.
Krankenhäuser und Polikliniken müssen zurück in die öffentliche Hand überführt, das Fallpauschalensystem abgeschafft werden. Notwendige Medikamente dürfen nicht mehr nur auf Selbstzahler:innenbasis verfügbar sein, sondern müssen durch die Krankenkassen umfassend finanziert werden. Der allgemeine Pflegeschlüssel muss verbessert werden, um das Leben der Pflegenden und Gepflegten beidseitig spürbar zu verbessern.
Medizin statt Hokuspokus – Krankenkassen stärker in die Pflicht nehmen!

Wir fordern den sofortigen Stopp der Finanzierung von homöopathischen Pseudotherapien durch die Krankenkassen. Stattdessen stehen wir für die verpflichtende Übernahme der Kosten für Zahnersatz, Sehhilfen und weitere notwendige Hilfsmittel und Therapiennichtevidenzbasierten, sog. alternativmedizinischen, Pseudotherapien durch die
Krankenkassen (u. A. Homöopathie, Anthroposophie, Chiropraktik) in allen Bereichen der Gesellschaft. Weiterhin sollten die Krankenkassen endlich die Finanzierung notwendiger und vor allem wirksamer Hilfsmittel wie beispielsweise Zahnersatz und Seehilfen vollständig übernehmen.
Pflegeberufe müssen attraktiver werden!
Wir fordern Anreizprogramme für Pflegeberufe [Berufe im Bereich der Pflege und des Rettungsdienstes], die diese Bezeichnung auch verdienen. Dafür ist vor allem anderen eine deutlich gerechtere Entlohnung dieser Berufe (nach einem bundesweiten Tarifvertrag) notwendig. Außerdem müssen die Arbeitsbedingungen für Pflegepersonal deutlich verbessert werden. Dazu gehört unter anderem ein besserer Betreuungsschlüssel sowie zugesicherte und unverhandelbare Maximalarbeitszeiten, welche auch in gesamtgesellschaftlichen Krisen nicht ohne das Einverständnis der Arbeitenden beliebig verändert werden können. Dies gilt auch für Berufe des Rettungsdienstes. Die Entlohnung des geringer qualifizierten Personals muss ebenfalls verbessert werden.
Are you crazy? – Psychische Erkrankungen entstigmatisieren!
Psychische Erkrankungen müssen umfassend anerkannt, Therapiemöglichkeiten und Beratungsstellen engmaschig ausgebaut und verlässlich finanziert werden. Die Erforschung dieser Krankheiten muss vorangetrieben werden. Wir fordern eine Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen und eine stärkere Sensibilisierung zum Thema Mental Health in allen gesellschaftlichen Bereichen, besonders aber in Behörden sowie in Gesundheits- und Bildungsberufen. Diese Forderung schließt ein Ende der Konsequenzen für psychisch erkrankte Arbeitnehmer:innen und Beamt:innen ein, denn eine Erkrankung darf nicht zu Repressionen führen!
Prävention statt Repression – für eine moderne Drogenpolitik!
Wir fordern den Ausbau der langfristigen und verlässlichen Finanzierung von analogen und digitalen Aufklärungsangeboten zum Drogenkonsum und von Suchtberatungsstellen.
Darüber hinaus fordern wir die Entkriminalisierung von Konsument:innen. Weiche Drogen müssen legalisiert werden.

Mobilität
Mobilität darf keine Frage des Einkommens sein:
Im ländlichen Raum sind junge Menschen ohne eigenes Auto aufgeschmissen und in den Städten verstärkt sich die soziale Segregation durch teure Tickets für Bus und Bahn. Wir wollen ein kostenfreies Jahresticket für alle unter 35-Jährigen die sich an Schulen, Hochschulen oder in sonstigen Aus- und Fortbildungen befinden. Mit diesem Jahresticket können junge Menschen in ganz Thüringen viel einfacher und selbstbestimmter am öffentlichen Leben teilnehmen und ihren Bildungsweg unabhängig von der Kostenfrage der Mobilität planen.
Thüringenweit ein Verbund:
Die Kleinstaaterei in der Thüringer Verkehrspolitik und der damit verbundene Bürokratiewahnsinn müssen ein Ende haben. Wir fordern einen einheitlichen Thüringer Verkehrsverbund, in dem man mit einem 365€-Ticket im Jahr den gesamten ÖPNV nutzen kann. Dieser Verkehrsverbund soll auch mit dem MDV und allen weiteren Nachbarverkehrsverbünden an den Landesgrenzen die jeweiligen Nahverkehrstickets gegenseitig anerkennen.
Individualverkehr reduzieren, OPNV ausbauen:
Wir wollen eine sozial-ökologische Verkehrswende und eine Eindämmung des Individualverkehrs. Doch ohne Auto geht im ländlichen Raum fast nichts. Daher muss der ÖPNV vor allem im ländlichen Raum weiter ausgebaut werden, damit er dann zur Verfügung steht, wenn wir ihn wirklich brauchen. Stillgelegte Zugstrecken sollen wiederbelebt und vorhandene elektrifiziert werden. Vorhandene Busfahrpläne sollen ausgeweitet werden. Mit einer zusätzlichen höheren Taktung in den Fahrplänen können wir so eine echte Mobilitätsalternative aufbauen.
Sichere Wege für Radfahrer:innen und Fussgänger:innen:
Die Straßen gehören uns allen und nicht nur denjenigen, die sich immer größere Autos leisten können. Wir wollen fahrradfreundliche Städte und Kommunen. Fahrrad- und Fußverkehr braucht wesentlich mehr Platz gegenüber den Autos. Das gilt sowohl in Innenstädten, als auch an größeren Straßen im ländlichen Raum. Wer sich dazu entscheidet mit dem Fahrrad zu fahren, sollte keine Angst um sein Leben haben.
Fracht- und Güterverkehr auf die Schienen:
Der LKW-Verkehr ist eines der größten Produzenten von Treibhausgasemissionen in Thüringen. Deshalb fordern wir eine deutliche Reduzierung des Fracht- und Güterverkehrs durch LKWs. Güter müssen von der Straße auf der Schiene wechseln, um weitere Versieglungen durch den Straßenbau zu verhindern, die Luft von Schadstoffen zu befreien und Lärm zu vermeiden. Wir brauchen einen Fracht- und Güterverkehr, bei dem nur noch die sogenannte letzte Meile von einem LKW bedient wird. Gewerbegebiete sollten nicht ausschließlich nach ihrer Anbindung an Autobahnen geplant werden. Die Wiederbelebung von Schienenzugängen zu Betrieben muss gefördert werden.

Polizei und Sicherheitsapparat
Verfassungsschutz abschaffen:

2021 jährt sich die Selbtenttarnung des rechtsterroristischen NSU zum zehnten Mal. An den 10 Morden und drei Sprengstoffanschlägen trägt Verfassungsschutz eine nicht unwesentliche Mitschuld. Insbesondere das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz leistete sich mit seinem ehemaligen Präsidenten Helmut Roewer mehr als nur einen Fehler. Diese Institution ist und bleibt ein strukturelles Problem. Der Verfassungsschutz schützt nicht Verfassung, sondern ein Demokratieverständnis, dass nur den Kapitalismus als Wirtschaftsform kennt und sich auf die fatale Extremismustheorie stützt. Mit dem Grundgesetz und der Thüringer Verfassung hat das wenig zu tun. Wir wollen daher den Verfassungsschutz in seiner jetzigen Form als Inlandsgeheimdienst auflösen und stattdessen eine zivile Beobachtungsbehörde gegen Demokratie- und Menschenfeindlichkeit einrichten, die vor allem Forschung betreibt und anderen Behörden zuarbeiten kann.
Für eine unabhängige Polizeibeschwerdestelle:
Immer wieder werden Bürger:innen Opfer von unrechtmäßiger Polizeigewalt und fühlen sich danach im Stich gelassen, da eine Strafverfolgung gegen Polizeibeamt:innen meist erfolglos bleibt und Betroffene stets mit einer Gegenanzeige rechnen müssen. Die bereits geschaffene Vertrauensstelle bei der Polizei Thüringen, welche dem Innenministerium unterstellt ist, war ein Schritt in die richtige Richtung. Mit geringen Kompetenzen und wenig Personal bleibt sie jedoch ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir wollen stattdessen eine Polizeibeschwerdestelle mit hinreichenden Ermittlungsbefugnissen schaffen, zum Schutz vor unverhältnismäßigen, gewalttätigen, rassistischen, etc. Polizeieinsätzen. Diese Beschwerdestelle soll unabhängig von Polizei und Staatsanwaltschaft arbeiten.
Rechte Netzwerke erkennen und zerschlagen:
Rechtsterroristische Netzwerke, wie Nordkreuz, haben in den vergangenen Jahren bei Polizei und Bundeswehr Munition und Waffen entwedet, um sich auf einen Tag X vorzubereiten, an dem sie gegen Linke und Migrant:innnen vorgehen wollen. Auch Teile des Thüringer SEK haben Munition entwedet. Diese Gefahr darf nicht länger heruntergespielt werden. Wir wollen die lückenlose Aufklärung von rechten Netzwerken und Verbindungen in den Sicherheitsbehörden, durch Einberufung eines neuen Untersuchungsausschusses. Rechtsradikale und demokratiefeindliche Beamt:innen müssen sofort entlassen werden.
Gefahrengebiete abschaffen:
Unter dem Deckmantel einer scheinbar sauberen und sicheren Stadt, werden diverse Plätze und Straßen in Thüringer Städten als sogenannte Gefahrengebiete gebrandmarkt.
Damit räumt sich die Polizei selbst größere Befugnisse an diesen Orten. Dies führt nicht selten zu unverhältnismäßigen Kontrollen, die offt willkürlich sind und nicht selten auch rassistisch und klassistisch motiviert sind. Hinzu kommt die immer wiederkehrende Forderung nach mehr Videoüberwachung, welche wir ablehnen. Wir wollen das Ende dieser Praxis, bei der Orte als Gefahrengebiet eingestuft werden und so unverhältnismäßige Kontrollen abschaffen.
Kennzeichnungspflicht für alle Polizist:innen:
Wir fordern, dass Richtlinien der Thüringer Polizei von allen in Thüringen eingesetzten Polizeibeamt:innen eingehalten werden müssen. Dies betrifft vor allem Polizisten bei Großeinsatzlagen, wie Demonstrationen oder Fußballspielen. Die Einführung der Kennzeichnungspflicht für Polizist:innen war ein notwendiger Schritt. Daher sollte sie auch für alle gelten.

Umwelt und Klima
Green New Deal:
Wir fordern einen Sozial-Ökologischen Gesellschaftsvertrag für Thüringen, der folgende Grundsätze enthält: Wir wollen nicht länger akzeptieren, dass wenige Konzerne/Reiche von den Schätzen der Natur profitieren, während die Mehrheit der Gesellschaft mit den Folgen des Umweltzerstörerischen Handelns leben muss. Wir lehnen jede Privatisierung von Ressourcen wie Luft, Boden und Wasser ab und wollen, dass die zu gewinnende Rohstoffe der Allgemeinheit gehören. Diejenigen die den größten Teil der Klimakatastrophe herbeigeführt haben, müssen den größten Beitrag leisten, um sie abzuwenden. Wir wollen deshalb Subventionen für Umwelt- und Klimaschädliche Wirtschaft abbauen und gleichzeitig die Konversion zu ökologischer Produktion bezuschussen.
Energiewende vorantreiben:
Wir fordern, dass die Energieerzeugung in Thüringen regional und dezentral organisiert wird. Die Energieerzeugung muss künftig aus 100 % erneuerbare Energiequellen stammen. Wir fordern darüber hinaus bürgernahe Energieförderung. Zu diesem Zweck sind kommunale und genossenschaftliche Strukturen, um die regionale Wertschöpfung zu stärken und die Macht der Energiekonzerne zu brechen. Wir werden uns auch zukünftig dafür einsetzen, dass alle Menschen in Thüringen Zugang zu Energie haben, denn die Versorgung mit Strom und Wasser ist Daseinsvorsorge. Strom- und Heizungsabschaltungen müssen der Vergangenheit angehören. Wir kämpfen für den sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie. Damit verbunden kämpfen wir gegen ein Atommüllendlager in Thüringen. Wer von den Gewinnen der Atomenergie profitiert hat, muss auch für deren Entsorgung aufkommen. Über 97 Prozent des deutschen Atomstroms wurden im Westen produziert und damit auch dort die Milliarden Gewinne verdient.

Kernfusion fördern:
Wir sehen die Kernfusion zur Energieerzeugung als zukunftsweisende Technologie und
fordern den Freistaat Thüringen dazu auf, zu ihrer Förderung beizutragen.

Müll vermeiden:
Der ökologische Fußabdruck des Menschen hat mit der Plastikinsel im Pazifik ein neues Gesicht bekommen. Auch in unseren Böden finden wir längst Plastikrückstände und in unseren Körpern können diese nachgewiesen werden. Wir setzen uns daher für eine ökologische Abfallwirtschaft ein, die Ressourcen schützt und eine konsequente Kreislaufwirtschaft mit mehr Recyclingpotenzial schafft. Wir setzen uns für längere verpflichtende Nutzungszeiten für technische Geräte und für deren Reparierbarkeit ein.
Landwirtschaft neu gestalten:
Mit den Folgen des Klimawandels hat die Landwirtschaft stark zu kämpfen. Durch die Dürrejahre haben Landwirt:innen mit Ernteausfällen zu kämpfen. Wir setzen daher auf eine am Gemeinwohl orientierte, sozial gerechte, ökologische und nachhaltige Landwirtschaft mit dem Schwerpunkt regionaler Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung. Um die Thüringer Landwirtschaft besser vor dem Druck der Handelsketten zu schützen und die Umwelt zu schonen fordern wir, dass die Direktvermarktung unterstützt wird. Damit erhalten Thüringerinnen und Thüringer einen leichteren Zugang zu gesunden, regional und ökologisch produzierten Lebensmitteln. Wir fordern, dass kommunale Einrichtungen und Landeseinrichtungen in ihren Küchen und Kantinen dauerhaft mit regionalen Lebensmitteln arbeiten. Neben Wasser und Saatgut ist der Boden die zentrale Produktionsgrundlage der Landwirtschaft. Da verfügbarer Boden aber immer knapper wird, gerät landwirtschaftlicher Boden immer stärker in den Blick spekulativer Finanzströme. Wir wollen aber auch den weiteren Ausverkauf von forstwirtschaftlichen Flächen verhindern und deshalb das bereits geschaffene forstwirtschaftliche Vorkaufsrecht mit einem Leitbild untersetzen und das landwirtschaftliche Vorkaufsrecht stärken. Die Steigerung von Boden- und Pachtpreisen muss begrenzt werden und Bodenspekulation grundsätzlich verhindern werden. Wir wollen Zugang zu Grund und Boden denjenigen ermöglichen, die ihn nach sozial-ökologischen Leitlinien bearbeiten.
Tierschutz ist Klimaschutz!
Wir fordern ein Verbot von Massentierhaltung und die damit einhergehende Ausbeutung von Tieren. Thüringen muss Vorreiter bei der Produktion von veganen Produkten werden.
Die Landwirtschaft muss in diesem Sinne gefördert werden.

Wirtschaft
Für einen sozial-ökologischen Umbau der Thüringer Industrie.
Auf einem Planeten mit endlichen Ressourcen, kann es kein unendliches Wachstum geben.
Deshalb brauchen wir vor allem in der Industrie ein radikales Umdenken. Um keine Arbeitsplatzvernichtung zu betreiben, braucht es eine kluge Konversionspolitik, die neue gut bezahlte Arbeitsplätze in möglichst klimaneutraler Produktion ermöglicht.

Diese Transformation kann nur demokratisch gelingen. Gemeinsam müssen wir entscheiden, wie und was in Zukunft produziert werden soll. Der Kapitalismus und seine zerstörerische Marktlogik liefern für die gravierenden Probleme unserer Zeit keine Lösungen. Ihn zu überwinden, bleibt unser Ziel.
Für eine sozialistische Wirtschaftspolitik:
Kern unserer Politik ist es, die Idee des Gemeineigentums in die Praxis umzusetzen.
Dafür sollten vor allem Schlüsselindustrien und große Betriebe vergesellschaftet werden und in Genossenschaften mit staatlicher Beteiligung umgewandelt werden.
Gleichzeitig wollen wir eine echte Demokratisierung der Betriebe. Dies könnte auch dadurch garantiert werden, indem bestimmte Anteile an neuen öffentlichen Betrieben von den Beschäftigten selbst gehalten werden.
Soziale und sichere Beschäftigungsverhältnisse voranstellen:
Unternehmen, die neue Standorte in Thüringen schaffen und dafür staatliche Förderungen erhalten, sollten dazu verpflichtet werden eine Garantie für den Standort und die Beschäftigten abzugeben. Bei Standortschließungen und Massenentlassungen sollten entsprechende Förderungen zurückgezahlt werden.In der Zukunft werden einige Regionen, wie das Altenburger Land oder der Wartburgkreis, weiterhin von einem massiven Strukturwandel betroffen sein. Dieser muss sozial gestaltet werden und eine Nachfolgeindustrie organisiert werden, die gute Perspektiven und einen Beitrag für einen ökologischen Wandel leistet. Ein neues Verteilzentrum von Amazon mit schlecht bezahlten Jobs kann keine nachhaltige und gute Lösung sein.
Für einen Aufbruch Ost:
Thüringen hat durch die Wende vor 30 Jahren einen radikalen ökonomischen Wandel erlebt, dessen Folgen noch bis heute spürbar sind. Der Ausverkauf des Ostens durch die Treuhandanstalt lässt sich heute nicht mehr rückgängig machen. Umso wichtiger ist es, dass die Fehler und Skandale der Vergangenheit aufgearbeitet werden und Thüringen sich auf Bundesebene für eine Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West stark macht. Gleichzeitig braucht es aber auch innerhalb der Schulen und anderen Teilen der Gesellschaft in Thüringen eine breite und kritische Auseinandersetzung mit den politischen Entscheidungen in der Nachwendezeit.
Dezentralisierung:
Eine sozialere und nachhaltigere Wirtschaft entsteht nicht von heute auf morgen und lebt vor allem durch Menschen, die neues wagen und schon jetzt Alternativen ausprobieren. Wir setzen uns dafür ein, dass Thüringen genossenschaftliche Unternehmensstrukturen und lokale Wirtschaftskreisläufe fördert. So werden Wirtschaftsprozesse demokratischer und die Logistik auf Grund kürzerer Wege effizienter und ökologischer.

Wohnen und Mieten
Wohnraum ist für uns ein Grundrecht und keine Ware. In Thüringen gibt es der einen Seite in den großen Städten dringenden Bedarf für geringere Mieten und mehr Wohnraum zu sorgen und auf der anderen Seite in den Kleinstädten und Dörfern Leerstand zu bekämpfen. Diese beiden Situationen erfordern unterschiedliche Maßnahmen:
Ein Recht auf Wohnen muss in der Thüringer Verfassung verankert werden:
Obdachlosigkeit darf keine normale Begleiterscheinung in unserer Gesellschaft sein.
Betroffenen muss daher unbedingt zu einer Wohnung verholfen werden.
Mietenwahnsinn stoppen:
Der Mietendeckel in Berlin hat gezeigt, wie man effektiv enorme Senkungen der Mietkosten herbeiführen kann. Seit 2020 haben viele Mieter:innen in Berlin von niedrigeren Mieten profitiert. Auch wenn das Bundesverfassungsgericht auf Grund der Zuständigkeit des Bundes den Berliner Mietendeckel für nichtig erklärt hat, darf dieses Erfolgsmodell nicht verloren gehen. Thüringen muss sich im Bundesrat dafür einsetzen, dass ein Mietendeckel auch ins Bundesrecht übersetzt wird.
Auch neuer Wohnraum muss bezahlbar sein:
Die letzten Jahrzehnte neoliberaler Politik haben gezeigt: Der Markt regelt nichts, er verschlimmert die Situation, so auch auf dem Wohnungsmarkt. Darum sollte der Freistaat Thüringen ein eigenes Wohnungsbauprogramm beginnen, um genug guten und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Bei neu entstehenden Wohnungen muss unbedingt ein Verbot der Privatisierung festgelegt werden. Öffentliches Eigentum gilt es zu sichern.
Deutsche Wohnen, Vonovia und Co. enteignen:
Große Immobilienkonzerne, wie bspw. Vonovia, treiben die Preise in die Höhe, verdrängen lange ansässige Mieter:innen und lassen lieber Wohnungen jahrelang zur Spekulation leer stehen bis sie mehr wert sind – trotz vorhandener Nachfrage. Dem muss ein Riegel vorgeschoben werden. Das geht am effektivsten durch die Vergesellschaftung dieser Konzerne und die Überführung der Immobilien in Landes- oder Kommunaleigentum oder genossenschaftliche Selbstverwaltung durch die Bewohner:innen. Wohnraum darf nicht länger eine Ware sein. Um die vergesellschafteten
Immobilien zu schützen, fordern wie ein allgemeines Verbot der Privatisierung von
öffentlichem oder kommunalem Wohnraum.
Leerstand und Spekulationsgeschäfte bekämpfen:
In vielen Teilen Thüringens sind nicht zu hohe Mieten das Problem, sondern teilweise jahrzehntelanger Leerstand in den Kleinstädten und Dörfern. Oftmals verfallen Häuser bis niemand mehr darin wohnen kann oder bis sie irgendein Investor sie teuer sanieren lässt, um sie später weiter zu verkaufen. Wir fordern eine konsequente Bekämpfung von Leerstand in Zusammenarbeit mit den Kommunen und allen möglichen Mitteln von der Enteignung bis zur Schaffung der Möglichkeit von „legalen“ Hausbesetzungen nach Vorbild der ehemaligen Gesetzeslage in den Niederlanden.