PARTEI DER JUGEND, PARTEI DER KLASSE – UNSERE THESEN FÜR DIE NEUAUFSTELLUNG DER THÜRINGER LINKEN

Beschluss des 39. Landesjugendtreffens am 05.04.2024 in Rudolstadt.


Nach den Jahren der konstanten Niederlagen schien Die Linke wie ein roter Phönix aus der Asche aufzusteigen, welche die rechte Abspaltung, Strömungskonflikte und unklare inhaltlich-strategische Ausrichtung hinterlassen hatten. Ein Fokus auf Klassenpolitik, Thematisierung von Alltagsproblemen, eine zeitgemäße Social-Media-
 Strategie und authentisches Spitzenpersonal der Bundespartei haben gewirkt und überproportional gute Wahlergebnisse vor allem bei Jugendlichen eingefahren. Nur können gute Wahlergebnisse für eine sozialistische Partei nicht alles sein.

Wir begrüßen daher den Werkstattprozess, welchen der Landesverband der Thüringer Linken aktuell einleitet, um sich wieder mit grundsätzlichen politisch-strategischen Fragen zu befassen und eine neue Ausrichtung zu finden. Deshalb halten wir alle Mitglieder der linksjugend [‘solid] Thüringen, welche auch in der Partei aktiv sind, dazu an, sich für eine zukunftsorientierte Linke daran zu beteiligen. Aber welche Position haben wir als Jugendverband, als offizielle Interessenvertretung von jungen Linken bezüglich der Neuaufstellung der Thüringer Linken?

Das Korrektiv zur Partei

Die Linksjugend [’solid] Thüringen streitet innerhalb der Partei Die Linke für einen Wandel zu einer zukunfstorientierten und modernen linken Partei. Unsere Delegierten vertreten diese Positionen auf Parteitagen. Gleichzeitig wissen wir, dass Einfluss über die Landesparteitage hinaus erforderlich ist. Deshalb streben wir eine stärkere Vertretung in innerparteilichen Gremien an und fordern die Einführung des Amtes der Jugendpolitischen Sprecher:innen in allen Stadt- und Kreisvorständen sowie auf Landesebene.

Um den neuen Geist der Partei in den Gremien wiederzuspiegeln, sollte eine Diskussion über Diätenbegrenzungen auf ein durchschnittliches Arbeiter:innengehalt, eine mögliche Arbeiter:innenquote und die Repräsentation der Mitglieder unter 35 aktiv vom Jugendverband angeregt werden. Die Repräsentation sollte dabei nicht nur in den Gremien erfolgen, sondern sich auch auf Wahllisten wiederfinden.

Politische Vision & Programmatik

Das Ziel einer sozialistischen Organisation muss in erster Linie die Organisierung der Gesellschaft und der Kampf für eine bessere Welt sein. Als Linksjugend Thüringen wollen wir im Laufe des nächsten Jahres Hilfsstrukturen bereitstellen. Es geht dabei um das Vorleben von praktischer Solidarität. Hier hat die Partei nach unserer Sicht noch deutlichen Aufholbedarf, wobei oft nichts neues erfunden oder anderen Parteien abgeschaut, sondern sich  einfach darauf zurückbesonnen werden muss, was man einmal hatte.

Politische Bildung

Wir müssen unsere Mitglieder bilden. Eine gute linke Politik macht man nicht nur mit positiven Vibes, sondern politischem Wissen und praktischen Kenntnissen. Deshalb befürworten wir die Konzeption von neuen Grundlagenseminaren und darauf aufbauenden Seminaren zu spezifischeren Themen als gemeinsame Wissengrundlage für haupt- und ehrenamtlich aktive Genoss:innen in Partei und Jugendverband.

Öffentliches Auftreten

Die linksjugend [‘solid] Thüringen hat in den sozialen Medien ein primär seriöses Erscheinungsbild, das sich auf inhaltliche Beiträge konzentriert. Die politische Bildung und die Schaffung von Aufmerksamkeit für wichtige, teils sensible Themen stehen dabei im Vordergrund. Diese Ausrichtung sollte zwar beibehalten werden, gleichzeitig gilt es jedoch, weitere Potenziale im Diskurs zu erschließen. Als linker Jugendverband haben wir auch die Möglichkeit, die etablierten Parteien, einschließlich der Linken Thüringen und anderer politischer Jugendorganisationen, kritisch zu hinterfragen und konstruktiv herauszufordern.

Es reicht nicht aus, nur zu beobachten oder stillschweigend zu akzeptieren, was von der politischen Spitze vorgegeben wird. Gerade in Zeiten, in denen politische Diskussionen oft zu oberflächlich und ideologisch eingefärbt geführt werden, sollten wir den Mut zur politischen Auseinandersetzung wiederfinden – sowohl in öffentlichen Diskussionen als auch in den sozialen Medien. Politische Provokation dient dabei nicht der Rebellion um der Rebellion willen, sondern ist ein Mittel, um in den politischen Dialog einzutreten und Gehör zu finden. Ohne provokative Impulse bleibt der Austausch verflacht und bringt wenig echte Veränderung.

Als Linke befinden wir uns sowohl im Bund als auch in Thüringen in der Opposition. Unsere Aufgabe ist es, das Regierungshandeln kritisch zu hinterfragen, Skandale aufzudecken und Lösungsperspektiven aufzuzeigen. Darüber hinaus dürfen wir als sozialistische Partei jedoch die Rolle als Opposition nicht nur zur konstruktiven
 Mitarbeit neben der Regierung verstehen. Wir müssen die Widersprüche des kapitalistisch-parlamentarischen Systems populistisch/überspitzt offenlegen und das Parlament und Social Media vor allem zu diesem Zweck nutzen. Statt den Zusammenhalt mit bürgerlichen Parteien, z.B. im Kampf gegen die AfD in der Außendarstellung in den Vordergrund zu stellen, sollten wir die Gesellschaft anhand ihrer Klassenlinien polarisieren und so langfristig Klassenbewusstsein schaffen.

Die Linke lebt – bürgerliche Medien und Konservative haben wieder Angst vor uns – Gut so! Lasst uns kämpfen, den Dialog aufrütteln und nicht in Wohlfühl-Narrativen verharren!

STARKE BASIS – STARKER VERBAND

Beschluss des 39. Landesjugendtreffens am 05.04.2024 in Rudolstadt.

Wir freuen uns sehr über die große Anzahl an Neumitgliedern, die in den vergangenden Monaten zu uns gestoßen sind. Es ist uns wichtig zu betonen, dass die Mitglieder selbst den Verband aktiv mitgestalten – eure Vielfalt, Ideen, Meinungen und eure Kritik sind dabei entscheidend.

Unsere Basisgruppen, die kleinste lokale Einheit im Verband, werden dazu angehalten, ihre Strukturen so zu gestalten, dass alle Neumitglieder gut aufgenommen und aktiv eingebunden werden können.

Mehr Zusammenkommen – weniger Orgakram? Oder doch lieber mehr politische Bildung und weniger Spieleabend? Mehr Aktionen und Demos statt Lesekreis? Hier gibt es kein richtig oder falsch. Es gibt unterschiedliche Konzepte, wie eine Ortsgruppe aufgebaut sein kann – zentral ist für uns der Gedanke, eine solidarische Gemeinschaft zu schaffen, im Kleinen wie im Großen.

Gleichzeitig wollen wir auch eine Anlaufstelle für Menschen außerhalb der klar linken Bubble werden, um so weiter zu wachsen und flächendeckend Leute zu erreichen. Das schaffen wir durch konkrete Hilfsangebote, wie Hausaufgabenhilfe, Bafög-Beratung oder Stadtteilfamilienfeste. Der LSPR wird sich dazu gemeinsam mit den Basisgruppen austauschen und Wege finden, wie solche Angebote flächendeckend organisiert werden können. Die sehr guten Wahlergebnisse der Linken an Schulen geben uns die Möglichkeit und Aufgabe, uns durch eine solche Basisarbeit langfristig zu verankern, Vertrauen aufzubauen und junge Leute damit an uns zu binden.
Wir ermutigen alle Basisgruppen, sich mit anderen Gruppen auszutauschen: Wie wollt ihr eure Strukturen gestalten? Was sind eure Erwartungen?

Dabei wird besonders darauf hingewiesen, dass innerhalb der Basisgruppen FLINTA*-Strukturen bewusst gefördert und aufgebaut werden sollten, um feministische Perspektiven strukturell zu verankern und Hierarchien abzubauen. Eine gute Möglichkeit dafür sind zum Beispiel regelmäßige FLINTA*-Plena auf Basisgruppenebene. Um uns dazu auszutauschen, laden wir die Basisgruppen ein, sich mit dem LAK Feminismus zu vernetzen und gemeinsam Konzepte zu entwickeln.

Gleichzeitig möchten wir betonen, dass dieser Prozess nicht mit einer einmaligen Entscheidung abgeschlossen ist. Es handelt sich um eine langfristige Aufgabe, die viele Gespräche, Veränderungen und gemeinsames Handeln erfordert. Strukturelle Fragen, ein wertschätzender Umgang miteinander und die Weiterentwicklung unserer Basisgruppen werden uns dauerhaft begleiten.

Dabei ist uns wichtig: Unser Verständnis von basisdemokratischem Miteinander gehört zu den grundlegenden Prinzipien unseres Verbands. Wir setzen auf eine starke, solidarische Basis, die sich gegenseitig unterstützt, herausfordert und reflektiert – mit dem Ziel, gemeinsam als Bewegung und Verband eine kraftvolle politische Stimme zu sein.

DER GAZASTREIFEN IST KEIN MONOPOLY SPIELFELD

Beschluss des 39. Landesjugendtreffens am 05.04.2024 in Rudolstadt.

Die Linksjugend [’solid] Thüringen stellt sich klar gegen den Plan der Regierung der USA, den Gazastreifen in ein Urlaubsresort á la Trump-Gaza umzuwandeln. Insbesondere sollte dies die Vertreibung der dort lebenden Palästinenser:innen bedeuten. Die Einschätzung des israelischen Außenministeriums, dass der amerikanische Plan eine Gelegenheit für die Palästinenser:innen sei, freie Wahl auf der Grundlage ihres freien Willens zu treffen, hält die Linksjugend [’solid] Thüringen ebenfalls für grundlegend falsch.
Diesen Vorschlag Trumps sehen wir als eine Kontinuität der rechtsextremen Siedlerbewegung  der letzten Jahrzehnte, welche von der israelischen Regierung Toleranz bis Unterstützung erfährt.

Uns als Linksjugend [’solid] Thüringen ist klar:
Ein gerechter Plan für den Gazastreifen kann weder die Vertreibung der Palästinenser:innen bedeuten noch die Zerschlagung der Hamas außer Acht lassen. Letzteres bedeutet für uns, in internationaler Zusammenarbeit das gesellschaftliche und schulische Leben so zu gestalten, dass ein Fokus auf eine friedliche Koexistenz von Palästinensern und Israelis gesetzt ist.
Es braucht einen Gerechten Frieden auf Augenhöhe zwischen Israel und Palästina!

AUFLÖSUNG LANDESARBEITSKREIS SISYPHOS

Beschluss des 39. Landesjugendtreffens am 05.04.2024 in Rudolstadt.

Gemäß § 14 Abs. 3 der Landessatzung beschließt das 39. Landesjugendtreffen die sofortige Auflösung des Landesarbeitskreis Sisyphos der Linksjugend Thüringen.

HOCHSCHULEN DEMOKRATISIEREN!

Beschluss des 39. Landesjugendtreffens am 05.04.2024 in Rudolstadt.

Den Studierenden gehören die Hochschulen. Sie stellen einen Großteil der Menschen an diesen dar, haben jedoch mit am wenigsten Einfluss auf das Leben dort. Sei es im Senat, durch Studierendenräte oder in anderen Ausschüssen, in denen Studierende nur einen kleinen Teil ausmachen und daher wenig Einfluss auf wichtige Entscheidungen nehmen können. Der Anteil der Studierenden muss deswegen an den Hochschulen ausreichend Repräsentation finden, auch damit demokratische Mitarbeit in Gremien für Studierende attraktiver wird. Benachteiligungen sind besonders dann gravierend, wenn Studierende neben der Hochschule noch anderweitig verpflichtet sind, etwa durch Kindesbetreuung, Familie oder Lohnarbeit. Im Gegensatz zu den Beschäftigten der Hochschule geht ihr ehrenamtliches Engagement auf Kosten des Studiums, vor allem, wenn zudem noch ein Nebenjob unerlässlich ist. Studentische Beteiligung darf nicht an der sozialen und finanziellen Situation von Studierenden scheitern. Einzelne Regelungen durch Universitäten sind nicht weitreichend genug. Es braucht auf Landesebene grundlegende Veränderungen, um allen Studierenden zu ermöglichen, sich an universitären Gremien zu beteiligen. Die strukturelle Benachteiligung und der Mehraufwand, der mit Engagement in Gremien einhergeht, muss einen angemessenen Ausgleich finden.

Wir fordern daher:
– An jeder Universität eine:n studentische:n Vizepräsident:in, der:die von den Studierenden gewählt wird
– Bei Engagement in einem universitären Gremium bis zu 6 Leistungspunkte (LP)
– Bei Engagement in einem universitären Gremium eine angemessene Aufwandsentschädigung – Studierende sollen in allen Universitären Gremien mindestens 50% der Mitglieder darstellen – Bewerbung von Wahlen und Beteiligungsmöglichkeiten
– Einführung eines partizipativen Budgets für Studierende

KLARE KANTE FÜR AKZEPTANZ UND VIELFALT

Beschluss des 39. Landesjugendtreffens am 05.04.2024 in Rudolstadt.

Die Linksjugend [’solid] Thüringen setzt sich aktiv für den Erhalt des Landesprogramms für Akzeptanz und Vielfalt ein. Dieses Programm ist ein wichtiger Bestandteil der Gleichstellungs- und Antidiskriminierungspolitik in Thüringen und leistet essenzielle Arbeit für queere Menschen sowie andere marginalisierte Gruppen. Die Linksjugend [’solid] Thüringen wird in diesem Sinne auf die Landtagsfraktion Die Linke Thüringen einwirken, um sicherzustellen, dass das Programm weiterhin finanziell und politisch abgesichert bleibt. Zudem soll der Austausch mit zivilgesellschaftlichen Initiativen, die sich für Akzeptanz und Vielfalt einsetzen, intensiviert werden.

LANDESWEITER AKTIONS- UND INFORMATIONSTAG ÜBER DIE SITUATION DER PFLEGEKRÄFTE

Beschluss des 39. Landesjugendtreffens am 05.04.2024 in Rudolstadt.

Der LSPR wird die Durchführung eines landesweiten Aktions- und Informationstages über die Situation der Pflegekräfte planen und in möglichst vielen Basisgruppen umsetzen. Vorgeschlagen wird eine Vorführung des Filmes „Heldin“, welcher sich inhaltlich mit der Thematik auseinandersetzt und einige Problemstellungen präzise spiegelt. Darüber hinaus sollten Pflegekräfte eingeladen werden, welche ihre Erfahrungen präsentieren und sich mit den Teilnehmenden austauschen. Der Zeitpunkt einer Umsetzung sollte den Basisgruppen obliegen, um größtmögliche Terminflexibilität für die Einladung der Pflegekräfte zu ermöglichen. Da der Film „Heldin“ erst zum 27. Februar 2025 in den Kinos erschien, ist eine Filmvorführung vor November/ Dezember 2025 wahrscheinlich nicht möglich. Bei der Planung gilt es dies zu beachten, jedoch kann eine Umsetzung auch ohne Filmvorführung erfolgen. Ein landesweiter Aktions- und Informationstag soll Aufmerksamkeit für die Situation der Pflegekräfte und deren Arbeitsbedingungen, sowie auf die gesundheitlichen Probleme generieren. Die erhöhten Anforderungen innerhalb des Gesundheitssystems sorgen bei Pflegekräften für eine erhöhte Quote von Bandscheibenvorfällen und Burn-Outs, weswegen es dringend einer Aufklärung bedarf. Personalnotstand, Kliniksterben und überlastete Pflegekräfte sind Resultate der Privatisierung und Profitorientierung des Gesundheitssystems. Das Problem heißt Kapitalismus!

„NEIN, NEIN, DAS IST NICHT DER KOMMUNISMUS“ – GEGEN AUTORITÄRE SOZIALISMUSVORSTELLUNGEN

Beschluss des 39. Landesjugendtreffens am 05.04.2024 in Rudolstadt.

Die Thüringer Delegierten für den Bundeskongress prüfen, inwiefern eine Auflösung des aktuellen Bundesarbeitskreises Klassenkampf aufgrund § 11 Abs. 3 der Bundessatzung der Linksjugend [’solid] möglich ist und werden einen entsprechenden Antrag zur nächsten Tagung des Bundeskongresses stellen. Gründe hierfür sind die linksautoritäre Ideologie, die intransparente und hierarchische Struktur, sowie antisemitische Positionierungen des Bundesarbeitskreises und Äußerungen von Personen aus dessen Umfeld und die Solidarisierung des Bundesarbeitskreises mit antisemitischen Gruppen, welche mit den emanzipatorischen, basisdemokratischen und progressiven Grundwerten des Verbandes unvereinbar sind.